5G-Anwendungen für mittelständische UnternehmenHochschule Aalen stellt Ergebnisse des Projekts „5G++ FlexiCell“ bei den „Tagen der digitalen Technologien“ in Berlin vor

Vertreterinnen und Vertreter des Konsortiums „5G++ FlexiCell“ mit der parlamentarischen Staatsekretärin des Bundeswirtschaftsministeriums, Dr. Franziska Brantner (Mitte), sowie Prof. Dr. Doris Aschenbrenner (rechts) und Prof. Dr. Stephan Ludwig (hinten links). Foto: © Hochschule Aalen | Rana el Khoury
Die Digitalisierung in der Industrie 4.0 schreitet voran, doch insbesondere kleine und mittlere Unternehmen (KMU) stehen vor großen Herausforderungen. Neben dem Kernwissen der Firmen ist nun auch eine Expertise in Informations- und Kommunikationstechnologie notwendig. Seit zweieinhalb Jahren arbeitet die Hochschule Aalen im Projekt „5G++ FlexiCell“ daran, 5G-Mobilfunk für KMU zugänglich zu machen. Im Rahmen der „Tage der digitalen Technologie“ in Berlin wurden nun die Ergebnisse der parlamentarischen Staatssekretärin des Bundeswirtschaftsministeriums, Dr. Franziska Brantner, und der interessierten Öffentlichkeit vorgestellt.
Zugang für KMU
Viele Menschen nutzen den Mobilfunkstandard 5G bereits mit ihrem Smartphone, doch auch für die Automatisierungstechnik fertigender Unternehmen wird die Mobilfunktechnik relevant. Das vom Bundeswirtschaftsministerium mit 6,5 Millionen Euro geförderte Projekt „5G++ FlexiCell“ unter der Leitung von Prof. Dr. Doris Aschenbrenner und Prof. Dr. Stephan Ludwig von der Hochschule Aalen will die Technik für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) zugänglich machen. Nach zweieinhalb Jahren Laufzeit hat das Projektkonsortium um die Firmen Blackned, Conclurer, Zeiss, Telocate und Yuma sowie die Technische Universität Ilmenau nun einige Projektergebnisse vorgestellt.
Mobile Qualitätsmesszelle
Zeiss Automated Inspection präsentierte eine mobile Qualitätsmesszelle mit einem schnurlosen Sensor für eine dreidimensionale, hochgenaue Vermessung beispielsweise von Karosserieteilen. Außerdem zeigte das Konsortium einen intelligenten Transportbehälter für Batterieteile der Firma Varta. „Beide Technologien sind ideal für den globalen Einsatz in der Automatisierung, da sie weltweit zulassungsfrei sind“, sagt Aschenbrenner. „Und die Qualität der Infrarotkommunikation steht in keinem Vergleich zur alten Fernseh-Fernbedienung“, ergänzt Sascha Blümle, Geschäftsführer der Yuma Technologie GmbH. Aus einer weiteren Zusammenarbeit mit der Carl Zeiss Jena GmbH im Digitalisierungszentrum der IHK Ostwürttemberg (digiZ) entstand ein „mobiler Manipulator“ – ein selbstfahrender Roboter, der in der Produktion Bauteile anliefert und Anlagen damit automatisch belädt. Eine darauf montierte Stereokamera erlaubt es, den Roboter aus der Ferne zu bedienen. Dazu wird das Bild auf einem Bildschirm der Aalener Firma 3D Global dargestellt, der ein dreidimensionales Bild mit Tiefeneindruck erzeugt.
Erforschung von Alternativen
Bei aller Euphorie über 5G gäbe es aber auch immer wieder Rückmeldungen aus der Industrie über Probleme bei der Umsetzung, so Aschenbrenner und Ludwig. Beispielsweise seien weder Modems noch Basisstationen auf dem Markt als Produkte verfügbar, die hochzuverlässige und reaktionsschnelle Verbindungen erlauben. Diese wären aber für den Einsatz in der Automatisierungstechnik notwendig. Auch sei es vergleichsweise aufwendig, die Technik stabil im Betrieb zu halten, da sie sehr komplex sei. „Solch eine Basisstation hat zehntausende von miteinander wechselwirkenden Parametern. Und wenn nur ein einziger falsch eingestellt ist, dann bringt das System nicht die benötigten Leistungsparameter“, erläutert Ludwig. Vorteile der Technik sieht die Projektleitung für die Fertigung beim Einsatz in kabellosen Sensoren, die in kurzer Zeit große Datenmengen übertragen sowie bei der kabellosen Ansteuerung mobiler Manipulatoren. Ebenso wichtig sei es aber auch, Alternativen wie den neuen, nicht mobilfunkbasierten 5G-Standard „DECT NR+“ zu erforschen und weiterzuentwickeln. Denn auch dieser habe Stärken – vor allem im Bereich geringer Latenz bei hoher Zuverlässigkeit sowie bei extrem energiesparenden, batteriebetriebenen Endgeräten.
Info:
Um Kosten zu senken und damit Arbeitsplätze in Deutschland zu sichern, investieren viele produzierende Unternehmen in die Digitalisierung ihrer Fertigung. Insbesondere KMU müssen dazu ihre Produktion und Qualitätssicherung bei oft kleinen Stückzahlen und großer Produktvielfalt schnell, flexibel und automatisiert umgestalten. Eine Voraussetzung dafür ist eine effiziente und flexible Vernetzung. Große Wellen schlägt dabei aktuell die Mobilfunktechnologie 5G, lassen sich doch damit erstmals zuverlässig und reaktionsschnell Steuerbefehle über Funk übertragen und gleichzeitig Gegenstände lokalisieren.
Wie KMU ohne große Fachkenntnis der Technik und mit kleinen 5G-Netzen diesen Wert schöpfen können, dazu fließen im Projekt „5G++ FlexiCell“ die Expertise des 5G-Technik-Anbieters Blackned GmbH (Allgäu) sowie die Kompetenzen weiterer Unternehmen wie der Varta Microbatteries GmbH, der Carl Zeiss Automated Inspection GmbH, der Telocate GmbH (Freiburg), der Yuma Technologie GmbH (Eutingen/Gäu) sowie Forschenden der Technischen Universität Ilmenau und der Hochschule Aalen ein.
Prof. Dr. Doris Aschenbrenner ist seit 1.3.2021 Professorin an der Fakultät Maschinenbau und Werkstofftechnik der Hochschule Aalen. Ihre Professur wird durch die Carl-Zeiss-Stiftung gefördert, und sie forscht an kollaborativer Robotik und Mensch-Roboter-Interaktion mit Augmented Reality. Außerdem forscht sie an der TU Delft/Niederlande und engagiert sich in zahlreichen Forschungsgremien und Beiräten auf nationaler und internationaler Ebene.
Prof. Dr. Stephan Ludwig ist seit 1.3.2021 Professor an der Fakultät Elektronik und Informatik der Hochschule Aalen und Experte für Funkkommunikationstechnik und Signalverarbeitung. Aufgrund seiner vorherigen Tätigkeit in der Forschung der Firma Bosch besitzt er u.a. Expertise im Aufbau und Betrieb von 5G-Netzen in Fertigungsbetrieben und deren sichere Integration in eine Fertigungs-IT-Infrastruktur.