Den Menschen lange gesund haltenExoskelett des Robotiklabors der Hochschule Aalen soll körperlich arbeitende Menschen unterstützen.

Das Exoskelett untertützt den Träger mit insgesamt sechs Antrieben.

Mo, 27. September 2021

„Unser Grundgedanke ist nicht, den Menschen leistungsfähiger machen zu wollen, sondern wir wollen den Menschen gesund erhalten,“ erklärt Johannes Wanner, Doktorand im Labor für Robotik und virtuelle Systeme der Hochschule Aalen, der die Stützkonstruktion mit elektromechanischen Antrieben entwickelt hat. Kürzlich besuchte eine Abordnung des Projektpartners Franke GmbH das Robotiklabor, um sich vom gemeinsamen Projekt begeistern zu lassen.

In den von Wanner entwickelten und konstruierten Prototypen des Exoskeletts schlüpft der Träger wie in einen Rucksack. Auf der Stützkonstruktion, die Rücken und Arme umschließt, befindet sich auf den Schulterblättern, den Schulter- und Ellbogengelenken jeweils ein motorisierter Antrieb. Damit sollen vor allem Arbeiter in Industrie und Handwerk bei körperlicher Arbeit unterstützt werden.

Menschen, die körperlich arbeiten, gesund halten
Laut Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) sind Muskel- und Skeletterkrankungen in Deutschland die häufigste Ursache von Arbeitsunfähigkeit (AU), Schwerbehinderung, eingeschränkter Einsatzfähigkeit im Beruf und vorzeitiger Erwerbsunfähigkeit. Sie verursachen im Jahr rund 22,5 Prozent aller AU-Tage.

Die sechs kleinen Antriebe kompensieren die Kraft des Trägers beispielsweise bei Malerarbeiten, also einer drückenden Bewegung der Oberarme gegen die zu streichende Wand. Das elektrische Signal, das vom Gehirn des Trägers an den Muskel geht, wird abgegriffen und steuert den Motor an, so dass sich der Motor gleichzeitig mit dem Arm bewegt. „Der Knackpunkt ist, dem Träger durch das Exoskelett die Überlast abzunehmen. Der Mensch soll dabei nicht komplett entlastet werden, denn sonst würden sich seine Muskeln abbauen“, erklärt Wanner, der über dieses Projekt seine Promotionsarbeit schreibt. „Unsere Intension ist, Menschen, die körperlich arbeiten, wie Maler, Maurer oder Produktionsmitarbeiter zu unterstützen.

Probanden testen die Praxistauglichkeit
„Ich habe oft Gespräche auch mit jungen Mitarbeitern in der Produktion, die sich heute schon Gedanken machen, ob sie diese körperliche Arbeit in zehn Jahren noch machen können“, erzählt Daniel Groz Gesellschafter / Geschäftsführer, der Franke GmbH. Für die anstehenden Tests werden Probanden der Hochschule Aalen sowie der Franke GmbH beurteilen, wie sie das Exoskelett und die Unterstützung durch die elektromechanischen Antriebe in ihren typischen Arbeitspositionen empfinden.

Das Exoskelett wird im Digitalen Labor der Franke GmbH ausgestellt, wo die Mitarbeiter auf Tuchfühlung mit neuen Technologien gehen können. „Das Projekt passt sehr gut, denn wir möchten unsere Mitarbeiter beim Thema Digitalisierung abholen, gerade da, wo sie einen Bezug zu ihrer Arbeitswelt haben“, so Groz. „Ich finde das Thema megaspannend. Wenn das Exoskelett funktioniert, dann gibt es sicher auch einen Markt dafür.“

Auf der Suche nach dem kleinstmöglichen Antriebssysstem
„Das Projekt war eine Machbarkeitsstudie, mit der Aufgabenstellung möglichst kleine und gleichzeitig leistungsstarke Antriebe für ein Exoskelett zu entwickeln, und es ist definitiv machbar“, freut sich der junge Maschinenbau-Ingenieur. Bauteile wie Lager, Getriebe, Sensorik und Motoren hat er zu einem skalierbaren Antriebssystem kombiniert. Einen großen Vorteil bieten hier die Drahwälzglager des Projektpartners Franke GmbH. Diese ermöglichen durch ihre filigrane aber belastbare Konstruktion eine maximale Leistung bei möglichst kleinen Antriebssytemen.

Im Gegensatz zu Exoskeletten, die für einen bestimmten Zweck, wie Überkopfarbeiten, ausgelegt sind, kann dieses Exoskelett eingesetzt werden, wo immer man will. Der Orthopädietechniker, der das gesamte Exoskelett für seinen Kunden zusammenbaut, entscheidet, welche Varianten, z.B. mit viel oder geringer Kraftunterstützung, er je nach Arbeitseinsatz wählt.

Die Erforschung erfolgte im Rahmen des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Projektes LEVIAKTOR, gemeinsam mit der F. Gottinger Orthopädietechnik GmbH, der Franke GmbH aus Aalen, der LSK Engineering Services GmbH, TU Ilmenau Biomechatronik, Uniklinikum Jena und BMI Innovation.