„Third Mission“: Wie Hochschulen und Unternehmen voneinander profitierenAngewandte Controlling-Lehre und -Forschung an der Hochschule Aalen

Prof. Dr. habil. Patrick Ulrich beleuchtet als Experte das Spannungsfeld von Wissenschaft und Praxis im Controlling. Foto: Fotograf-IN Ricarda Hager

Di, 23. Juni 2020

Unternehmen brauchen gut ausgebildete Fach- und Führungskräfte. Die Ausbildung an Hochschulen soll deshalb wissenschaftlich auf hohem Niveau, aber gleichzeitig auch praxisorientiert sein. Zwischen „akademischem Elfenbeinturm“ und „operativer Praxis“ muss ein für alle gewinnbringender Kompromiss gefunden werden. Das gilt auch für das Controlling als betriebswirtschaftliche Teildisziplin. Prof. Dr. habil. Patrick Ulrich von der Hochschule Aalen beleuchtet als Experte das Spannungsfeld von Wissenschaft und Praxis.

Controllerinnen und Controller sind in der Praxis stark gefragt, da sie das methodische und fachliche Rüstzeug mitbringen, um ein Unternehmen zu analysieren, Potenziale zur Verbesserung aufzuzeigen und damit einen wesentlichen Beitrag zum Erfolg zu leisten. Gerade im Controlling entstehen neuartige Entwicklungen jedoch häufig im Berufsalltag und die akademische Forschung und Lehre befasst sich erst im Nachgang mit den Fragen nach dem „Wie?“, „Warum?“ und „Weshalb?“. Häufig zu spät, um den Unternehmen in der Praxis noch helfen zu können.

Mit diesem vermeintlich zunehmenden Spannungsfeld zwischen Theorie und Praxis hat sich Prof. Dr. habil. Patrick Ulrich, Professor für Unternehmensführung und Kontrolle im Studienbereich Internationale Betriebswirtschaft und Sprecher des Direktorium des Aalener Instituts für Unternehmensführung (AAUF), gemeinsam mit seinem Kollegen Prof. Dr. Björn Baltzer von der FHWS Würzburg-Schweinfurt befasst. In einem Interview im Controller Magazin mit dem Titel „Wie beeinflussen sich Controlling-Praxis und Controlling-Wissenschaft?“ erläutern sie die Anforderungen, die sich durch die veränderte Unternehmensumwelt an die angewandte Controlling-Forschung und -Lehre und insbesondere Ausbildung des Nachwuchses ergeben. So müssen insbesondere in der Lehre auch die Megatrends wie Globalisierung und Digitalisierung fachlich (z.B. durch die Integration von angloamerikanischen Controlling-Konzepten) und methodisch (z.B. durch den Einsatz von Blended-Learning-Konzepten) berücksichtig werden. Sie greifen dabei auch das Thema der „Third Mission“ auf, die dritte Säule der Hochschulen neben Forschung und Lehre, die den Theorie-Praxis-Transfer (Wissenstransfer) im Controlling anspricht.

Herausforderungen der Digitalisierung

„Die Digitalisierung fordert von Controllerinnen und Controllern ein Umdenken in Bezug auf die Kernkompetenzen. Analytisches Denken ist nach wie vor gefordert. Aber die Sozial- und Beratungskompetenz sowie die IT-Kenntnisse müssen in Zukunft stärker gefördert werden“, sagt Prof. Ulrich. So könnte es beispielsweise eine verdienstvolle Aufgabe sein, zu den existierenden, theoretischen Controlling-Instrumenten Handlungsempfehlungen zur Adaptierung in der Praxis im Sinne von „Beipackzetteln“ zu geben, um den Erfolg der Umsetzung der Controllinginstrumente in der Praxis zu erhöhen.

Die bisherige Controlling-Ausbildung an Hochschulen für Angewandte Wissenschaften (HAWs) und Universitäten ist bereits sehr praxisorientiert. Praktische Anwendungen der Controlling-Instrumente, Fallstudien, Unternehmensplanspiele und IT-Anwendungspakete bereichern die Lehre. Die klassische Controlling-Ausbildung ist jedoch häufig noch auf die Bedarfe von (großen) Industriekonzernen ausgerichtet. Die Besonderheiten internationaler Unternehmen und die neuartigen Herausforderungen durch digitale Geschäftsmodelle spielen jedoch noch nicht immer eine Rolle. Dazu gehört zum Beispiel die Fragestellung, wie sich beispielsweise ein digitales Produkt wie eine App mit klassischen Controlling-Instrumenten preisseitig kalkulieren lässt.

„Gerade in Bezug auf internationale Aspekte und die Digitalisierung sehe ich die Controlling-Ausbildung in den Wirtschaftswissenschaften an der Hochschule Aalen auf einem sehr guten Niveau. Das aktuelle CHE-Hochschulranking hat dies bestätigt. Nun gilt es jedoch, sich nicht auf den Lorbeeren auszuruhen, sondern die Innovationen weiter voranzutreiben“, ergänzt Prof. Ulrich.

Nicht nur die Inhalte der Controlling-Ausbildung müssten revolutioniert werden, sondern auch die Form der Darbietung. Der Einsatz von Blended-Learning-Konzepten, die Nutzung von IT-Tools in Lehrveranstaltungen und der Anwendungsbezug bezüglich Digitalisierungsfragen können gar nicht hoch genug sein.

Das komplette Interview ist unter hier abrufbar.